KAGB – Kapitalanlagegesetzbuch – Par. 1 – Kommentierung – Investmentvermögen

Merkmale

Am 22.4.2013 besuchte ich eine Veranstaltung des Private Equity Forum NRW e.V. in Düsseldorf. Herr Dr. Ulrich Keunecke, Partner bei der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, referierte zum Thema „Umsetzung der AIFM-Richtlinie in Deutschland“.

Vergiss den Fonds, es lebe das Investmentvermögen!


Quintessenz des Vortrages war für mich, dass das KAGB derzeit mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt. Nachdem bereits einige Finanzdienstleister mit renomierten Beratungsgesellschaften in die Projektumsetzung gehen, kommen immer neue Fragen auf, die von der BaFin nicht bzw. mit starker Verzögerung beantwortet werden. Dies führtzwangsläufig zu großen Verunsicherungen bei der Mandantschaft. Die BaFin fährt zurzeit wohl noch einen sehr strikten Kurs und will die Bestimmungen des § 1 (1) KAGB – Begriffsbestimmungen

Investmentvermögen ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.

so strikt anwenden, dass die Zahl derjeniger, die unter das KAGB fallen, sehr viel größer sein wird, als bisher angenommen.

Wohl als erste Reaktion auf die aufkommenden Fragen, hat die BaFin am 27. März 2013 einen Entwurf: Anwendungsbereich des KAGB-E/ Auslegung des Begriffs „Investmentvermögen“ publiziert und öffentlich um Stellungnahmen gebeten.

Organismus

Zunächst wird der Begriff: Organismus näher untersucht.

Es wird festgestellt, dass ein Organismus keine bestimmte Rechtsform voraussetzt. Die BaFin folgert daher, dass „alle denkbaren Rechtsformen (z.B. Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts) vom Begriff des Organismus erfasst sind…“

Die Form, wie ein Anleger an einem Vermögen beteiligt ist,  hält die BaFin für unerheblich und würde daher gesellschaftsrechtliche, mitgliedschaftliche und schuldrechtliche „Beteiligungen“ eines Anlegers als Investmentvermögen ansehen und damit dem KAGB unterwerfen.

In der Fußnote wird darauf hingewiesen, dass das KAGB vorsieht Investmentvermögen nur als Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem bzw. fixem Kapital oder als offene bzw. geschlossene Investmentkommanditgesellschaft zuzulassen.

Dies wird natürlich erhebliche Fragen bei all denen aufwerfen, die sich plötzlich mit den Regelungen nachdem KAGB konfrontiert sehen. Sind z.B. heute gängige Rechtsformen überhaupt noch zulässig? Welche Regelungen treffen mich hier überhaupt? Die meisten werden gar nicht merken, dass sie gegen Regelungen des KAGB verstoßen.

Gemeinsame Anlage

Im nächsten Punkt geht man auf den Begriff gemeinsame Anlage ein.

Das Merkmal der gemeinsamen Anlage soll erfüllt sein, „wenn sowohl eine Gewinn- als auch eine Verlustbeteiligung der Anleger an der Wertentwicklung der Vermögensgegenstände vorliegt, in die der Organismus investiert ist.“

Nur wenn der Anleger einen unbedingten Kapitalrückzahlungsanspruch hat, dann soll das Merkmal einer gemeinsamen Anlage nicht erfüllt sein.

Dies vorangestellt sieht die BaFin z.B. Gesellschafterbeteiligungen in Form von typisch oder atypischen Beteiligungen als eine gemeinsame Anlage an. Bei atypisch stillen Beteiligungen aber nur dann, wenn die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen wurde.

Auch Genussrechte und Namensschuldverschreibungen erfüllen das Merkmal einer gemeinsamen Anlage.

Einsammlung von Kapital

Im dritten Punkt geht es um die Einsammlung von Kapital von einer Anzahl von Anlegern.

Dies soll gegeben sein, wenn ein Organismus direkt oder auch indirekt im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit Schritte unternimmt, Kapital von einem oder mehreren Anlegern einzusammeln, um einen gemeinsamen Gewinn aus der Anlage zu erzielen.

Hierzu soll auch eine gewerbsmäßige Kommunikation zählen, welche die Kapitalbeschaffung zum Ziel hat.

Beide Punkte, gewerbsmäßige Kommunikation oder direkte oder indirekte geschäftliche Tätigkeit zur Kapitalbeschaffung, gelten unabhängig voneinander als Merkmal für das Einsammeln von Kapital.

Anzahl von Anlegern

Das Merkmal „eine Anzahl von Anlegern“ soll schon dann erfüllt sein, wenn die Kapitalbeschaffung nicht explizit auf einen Anleger beschränkt ist. Schon die theoretische Möglichkeit, dass sich mehr als ein Anleger an dem Organismus beteiligen kann soll ausreichen, dass das Merkmal „eine Anzahl von Anlegern“ erfüllt ist.

Festgelegte Anlagestrategie

Als Merkmal für das Vorliegen einer Anlagestrategie werden einzeln oder kumulativ gesehen:

  • Festlegung der Strategie, spätestens zum Zeitpunkt der Bindung des Anlegers;
  • Fixierung der Strategie in einem Dokument, welches vertraglicher Bestandteil ist;
  • Rechtlich bindende und vom Anleger durchsetzbare Verpflichtung des Organismus zur Einhaltung der Strategie;
  • Strategie konkretisiert die Richtlinie, nach der die Anlage zu erfolgen hat (z.B. Asset Allocation, regionaler Fokus, Leverage etc. ).

Investition zum Nutzen der Anleger

Soll die Investition zum Nutzen der Anleger erfolgen, schließt dies die Nutzung des Kapitals, als Investment ins eigenen Unternehmen aus. Hier ergibt sich eine Problematik bei Inhaberschuldverschreibungen, wenn der Emittent frei in der Mittelverwendung ist.

Kein operativ tätiges Unternehmen

§ 1(1) KAGB schließt operativ tätige Unternehmen außerhalb des Finanzsektors aus.

Die BaFin schreibt hierzu:

„Unternehmen, die Anlagen (z.B. Biogas-, Solar- oder Windkraftanlagen)
im Rahmen eines laufenden Geschäftsbetriebs (day-to-day business)
selbst betreiben und bei denen keine Auslagerung erfolgt, sind als
operativ tätige Unternehmen anzusehen. Weitere operative Tätigkeiten
sind die Produktion von Gütern oder die Lagerung von Rohstoffen. Es ist
unschädlich, wenn ein operatives Unternehmen zusätzlich zu der
operativen Tätigkeit noch Investitionen tätigt (z.B. Anlage in Immobilien,
Finanzinstrumente oder Erwerb von Beteiligungen).“

Ob jemand operativ tätig ist, wirft aber eine Reihe von Fragen auf. Beispielhaft wird der Erwerb, die Vermietung, die Verpachtung, die Verwaltung sowie der Verkauf von Immobilien herausgestellt, welcher keine operative Tätigkeit darstellt.

Fragestellungen

Hier wird Bezug genommen auf praxisrelevante Fragen. Die Themengebiete sind:

  1. (börsennotierte) Immobilienaktiengesellschaften
  2. REIT-Aktiengesellschaften
  3. Genossenschaften i.S.d. Genossenschaftsgesetzes (GenG)
  4. Finanzierungs- oder Operateleasingvertrag
  5. Leasing-Objektgesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 17 KWG
  6. Mittelständische Beteiligungsgesellschaften
  7. Bürgerbeteiligungsprojekt

Wie man den Antworten auf die Fragestellungen entnehmen kann, kommt es sehr genau auf die vertragliche Ausgestaltung an, ob das KAGB Anwendung findet oder nicht. D.h. für mich, dass in nächster Zeit Verträge, Satzungen bis in Detail geprüft werden müssen. Unabhängig vom Ergebnis, ob unter das KAGB fallend oder nicht, ist mit enormen Beratungskosten quer durch die Wirtschaft zu rechnen.

Ergänzende Hinweise

17/06/2013: Ergänzend schau Dir bitte folgenden Beitrag an: Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“.  

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