Reichweite & Burnrate (2)

Reichweite & Burnrate – Fortsetzung

Am 2. April hatte ich den 1. Teil: REICHWEITE & BURNRATE (1) veröffentlicht und reiche nun wie besprochen die Fortsetzung nach. Es ist noch nicht so lange her, so dass ich ohne weitere Zusammenfassung gleich wieder ins Thema einsteige.

Das Ergebnis der unterschiedlichen Reichweiten ist stets die Anzahl in Monaten, wie lange die Unternehmen hochgerechnet noch „überleben“ können.

Für die Frühwarnsysteme benötigt man jetzt nur noch eine dreistufige Definition für die Bandbreite und man hat eine Ampel, als Frühwarnsystem. Nun, die Definition der Bandbreite wählt man natürlich nicht rein willkürlich, sondern dahinter steckt die Annahme, welchen Zeitraum man für das Einwerben neuer Finanzierungsmittel, benötigt.

Thermometer zur Darstellung der Reichweite
Thermometer zur Darstellung der Reichweite

 

Üblicherweise sollte man hier von 12 Monaten ausgehen. Demnach sind alle Werte unterhalb von 13 Monaten, als kritisch – Signal rot – einzustufen. Da Finanzierungsrunden üblicherweise für einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren gefahren werden, kann man diese Werte als Bandbreite nutzen. Ich definiere wie folgt:

  • > 12 und < 25 Monate = orange;
  • >24 und < 37 Monate = gelb;
  • >36 Monate = grün.

Basierend auf diesen Werten kann man sich ein schönes Cockpit aufbauen.

Warum habe ich diese Bandbreiten gewählt?

Nun, bis eine neue Finanzierungsrunde abgeschlossen wird kann durchaus einige Zeit ins Land gehen. Daher stufe ich Reichweiten von unter 12 Monaten als kritisch = rot ein. Die übliche Planung jährliche Planung umfasst in der Regel einen Zeitraum von 2 Jahren für den eine detailliertere Planung erfolgt. Alles darüberhinaus ist bei VC finanzierten Unternehmen schon mehr Spekulation als Planung.

Die meisten Finanzierungsrunden, so meine Erfahrung, umfassen 2 bis 3 Jahre.

Weitere Definitionen

Kommen wir jetzt zurück zu den weiteren Begriffen.

Finanzmittelbestand: Ist für mich in dieser Berechnung die aktuell frei verfügbare Liquidität, bestehend aus Barmitteln und Kontoguthaben.

Burnrate: Gemeint ist hier die Cash Burn Rate, also das Delta aus Mittelzufluss und Mittelabfluss. Somit werden Abschreibungen, die nicht liquiditätswirksam sind, nicht einbezogen. 

Vertraglich vereinbarte Mittel: Dies sind die vertraglich zugesagten Mittel der Investoren, die bisher noch nicht abgerufen wurden. Hierzu könnte man natürlich auch Kontokorrentlinien derHausbank rechnen. Doch Vorsicht, wenn das Unternehmen leicht hustet, dann fürchten Banken eine Influenza und die Linien sind schneller weg, wie der Unternehmer sein Taschentuch zücken kann. Du solltest hier einen konservativen Ansatz wählen. 

Auch bei den Mitteln der Investoren ist zu unterscheiden zwischen frei abrufbaren und an Bedingungen geknüpfte Zusagen. Ich empfehle Dir hierzu meine Beitragsreihe: Klauseln in Beteiligungsvertrag. Letztendlich wird es im Einzelfall ein Abwägen sein.

Rechenbeispiel

Die notwendigen Begriffe habe ich beschrieben. Wie gewohnt gibt es auch diesmal wieder ein Rechenbeispiel.

Mein Szenario:

Das Unternehmen, die Quick Idee GmbH, ist ein junges Technologieunternehmen  mit Sitz in Berlin. Da sitzen im Moment ja fast alle. Das Unternehmen hat 10 Mitarbeiter und macht, da es derzeit ein Produkt zur Marktreife entwickelt, keine nennenswerten Umsätze.

Im Berichtsmonat Februar 2014 hatte das Unternehmen einen Zahlungsmittelabfluss von 80 TEUR. Dem gegenüber standen Umsätze aus Projektgeschäft von 5 TEUR. Die Burnrate hat sich durch mehrere Neueinstellungen zum Jahresbeginn erhöht. Im Januar 2014 betrug die Burnrate 60 TEUR. Von Oktober bis Dezember 2013 waren es 45 TEUR und davor 30 TEUR.

Das Unternehmen hat Beteiligungszusagen in Höhe von insgesamt 4 Mio. EUR erhalten. Diese Mittel wurden bisher in Höhe von 1.450 TEUR abgerufen. Am 28. Februar 2014 hatte das Unternehmen einen Kassenbestand von 1 TEUR und Kontoguthaben von 149 TEUR. 

Ich kalkuliere – ohne Taschenrechner! – wie folgt:

Reichweite 1

Finanzmittelbestand/ Burnrate

(Kassenbestand 1 TEUR + Kontoguthaben 149 TEUR)/ (Zahlungsmittelabfluss 80 TEUR – Zahlungsmittelzufluss 5 TEUR)

150/75 = 2 Monate

Reichweite 2

( Finanzmittelbestand + ausstehende vertraglich vereinbarte Mittel)/ Burnrate

((Kassenbestand 1 TEUR + Kontoguthaben 149 TEUR) + (Feste Beteiligungszusagen 4.000 TEUR – Bereits abgerufene Mittel 1.450 TEUR)) / (Zahlungsmittelabfluss 80 TEUR – Zahlungsmittelzufluss 5 TEUR)

((1 + 149) + (4.000 – 1.450)) + /75 = 36 Monate

Reichweite 3

Die durchschnittliche Burnrate der letzten 6 Monate betrug:

02/2014 = 75 TEUR
01/2014 = 60 TEUR
12/2013 = 45 TEUR
11/2013 = 45 TEUR
10/2013 = 45 TEUR
09/2013 = 30 TEUR

Total = 300 TEUR, dies entspricht im Durchschnitt (geteilt durch 6) einer Burnrate von 50 TEUR pro Monat.

Tausche ich also die Burnrate von 75 TEUR gegen die durchschnittliche von 50 TEUR aus, dann erhalte ich eine Reichweite von 54 Monaten. Die anderen Beträge habe ich wie bei der Reichweite 2 ermittelt.

Erkenntnis

Keine Angst, ich hab nach der letzten Berechnung schon Deine Unruhe gespürt. Die Berechnung der Reichweite auf historischen Werten macht bei schnell wachsenden Unternehmen keinen Sinn. Hier ist es besser, die zukünftigen Werte aus der möglichst aktuellen Planung bzw. dem Forecast zu nehmen. Näheres hierzu habe ich auch schon in meiner Beitragsreihe: Reporting von Startup-Unternehmen an ihre Investoren erwähnt. 

Historische Werte machen dann Sinn, wenn man z.B. saisonale Spitzen glätten möchte.

Wie immer war aber auch zu sehen, dass die Berechnung, wie so oft, kein große Hürde darstellt. Viel wichtiger ist die intellektuelle Vorleistung und eine klare Definition der verwendeten Begrifflichkeiten. Auch wenn es dem ein oder anderen vielleicht so vorkommen mag, ich bin gar nicht so zahlenversessen, wie es manchmal rüber kommt. Allerdings halte ich die Systeme insofern für wichtig, um bei einer übergeordneten Betrachtung, die Schwachstellen schneller ausfindig machen zu können, um so gezielt Einfluss nehmen zu können.

Dies hilft insofern, dass beim Management von Investments innerhalb von Organisationen sehr große Qualitätsschwankungen erkennbar sind und ein AIFM gut daran tut, entsprechende übergeordnete qualitätssichernde Massnahmen in seiner Organsiation zu implementieren. 

Eine eigene Definition der Reichweiten aufgrund der in der Vergangenheit gewonnen Erfahrungen und eventuell auch unter Berücksichtigung von Besonderheiten in den einzelnen Branchen könnte sehr hilfreich sein.  

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