Klauseln im Beteiligungsvertrag – Teil 6 – Step up

Step up

In der zweiten Gruppe befasse ich mich mit dem Step up-Modell. Hier wird unterschieden zwischen der Verschiebung der Anteilsquote, dem Step up und dem justierter Step up. 

Heute befasse ich mich mit dem Step up.

Die Eingangsparameter sind:

Wir haben zwei Gesellschafter. Den Gründer G und den Investor I. G hat eine GmbH mit einem Stammkapital von 25 TEUR in der er alleiniger geschäftsführender Gesellschafter ist. Die GmbH gewinnt nun I als neuen Investor. Im Zuge einer Stammkapitalerhöhung übernimmt er 15 TEUR, also 37,5 % des neuen Stammkapitals von nunmehr 40 TEUR. Zusätzlich zahlt G 235 TEUR ins Agio (Aufgeld) ein.

Gleichzeitig wird im Zuge der Finanzierung vereinbart, dass der Investor I sich innerhalb eines vordefinierten Zeitraums mit einer weiteren Tranche von 250 TEUR am Unternehmen beteiligen wird. Dies wird er zu einer Unternehmensbewertung von 1.000 TEUR oder aber, wenn die gemeinsam vereinbarten Milestones erreicht wurden zum Wert von 2.500 TEUR tun.

Die Regelung und ihre Auswirkung:

Die Einlage von I basiert auf einem Businessplan, welcher von einer Umsatzsteigerung von 25% p.a. in den nächsten 5 Jahren ausgeht. Andere Werte lasse ich der einfachheithalber außen vor. Im Beteiligungsvertrag wird vereinbart, dass bei einer Umsatzsteigerung von mindestens 25% im Jahr 1 des Beteiligungsverhältnisses, I für die zweite Tranche von 250 TEUR einen Unternehmenswert von 2.500 TEUR akzeptiert. Damit würde er für die 250 TEUR 10% der Unternehmensanteile erhalten. Sofern die Milestones nicht erreicht werden legt der Beteiligungsvertrag einen Unternehmenswert von 1.000 TEUR fest.

Wir haben also die Situation, dass die Zuführung der Finanzierungsmittel fest vereinbart ist und die Höhe der Bewertung abhängig von dem erreichen der gesteckten Ziele ist.

Wie berechnet man das eigentlich?

Da sowohl die Bewertung, als auch das Investitionsvolumen bekannt sind, kann man die Höhe der Anteile ermitteln.  Also die Prozentwerte sind grobe Anhaltspunkte. Man versucht dann das Stammkapital schon auf glatte 100 EUR zu bekommen, was dann auch direkt bedeutet, dass man eine Rundungsregel braucht. Das Gesetz erlaubt zwar Anteile auf volle EUR, dies hat sich aber vielfach noch nicht durchgesetzt.

Ich geh mal der Reihenfolge nach vor.

Szenario 1: Milestones werden nicht erreicht

Die Fakten:

  • I akzeptiert für seine 250 TEUR in der zweiten Finanzierungsrunde eine Bewertung von 1.000 TEUR.
  • I akzeptierte für seine 250 TEUR in der ersten Finanzierungsrunde eine Bewertung von 666 TEUR.
  • Damit steht fest, dass die 250 TEUR einem Anteil von 25% am Unternehmen entsprechen (250/1.000*100).
  • G, dessen Anteil bisher 62,5% betrug, muss also 25% an I abgeben. Seine Stammkapitaleinlage von 25.000 TEUR entspricht nach der Finanzierungsrunde 37,5% des Kapitals.
  • Die Kapitaleinlage von G bleibt mit 25 TEUR unverändert.
  • Der Nennbetrag jedes Geschäftsanteils muss laut GmbH Gesetz auf volle Euro lauten. 
  • Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass der Nennbetrag auf volle 100 EUR lauten muss. Liegt ein Wert bei 50 EUR und darunter, wird abgerundet, ansonsten wird aufgerundet.
  • Die % Werte werden bei der Ermittlung mit 2 Stellen hinter dem Komma berücksichtigt! 
  • I bringt insgesamt 250 TEUR ein. 

Die Rechengrößen:

  • Bisherige Höhe des Stammkapitals 40 TEUR
  • Neue Höhe des Stammkapitals noch unbekannt
  • Wert des Stammkapitalanteils von G ist 25 TEUR, was jetzt ungefähr 37,5% entsprechen soll.

Schritte der Berechnung:

  1. Wenn 25 TEUR ungefähr 37,5% des neuen Stammkapitals entsprechen, dann muss das neue Stammkapital ungefähr bei 66.700 EUR (25 TEUR/ 37,5 * 100 = 66.666,66 EUR).
  2. Jetzt kenne ich das neue Kapital von 66.700 EUR. Ich habe direkt auf volle 100 EUR aufgerundet. Abzüglich der 25.000 EUR von G verbleiben für I genau 41.700 EUR.
  3. I hatte ja bereits einen Anteil von 15.000 EUR. Die Erhöhung um 26.700 EUR geht voll auf ihn. Die restlichen 223.300 EUR, der 250.000 EUR zahlt er ins Aufgeld ein.

Wir haben damit folgende neue Kapitalisierungsübersicht (capitalization table, kurz auch cap table gennant.)  

  • G Stammlapital 25,0 TEUR (37,5%)
  • I Stammkapital 41,7 TEUR (62,5%)

Szenario 2: Milestones werden erreicht

Die Fakten:

  • I akzeptiert für seine 250 TEUR in der zweiten Finanzierungsrunde eine Bewertung von 2.500 TEUR.
  • I akzeptierte für seine 250 TEUR in der ersten Finanzierungsrunde eine Bewertung von 666 TEUR.
  • Damit steht fest, dass die 250 TEUR einem Anteil von 10% am Unternehmen entsprechen (250/2.500*100).
  • G, dessen Anteil bisher 62,5% betrug, muss also 10% an I abgeben. Seine Stammkapitaleinlage von 25.000 TEUR entspricht nach der Finanzierungsrunde 52,5% des Kapitals.
  • Die Kapitaleinlage von G bleibt mit 25 TEUR unverändert.
  • Der Nennbetrag jedes Geschäftsanteils muss laut GmbH Gesetz auf volle Euro lauten. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass der Nennbetrag auf volle 100 EUR lauten muss. Liegt ein Wert bei 50 EUR und darunter, wird abgerundet, ansonsten wird aufgerundet.
  • Die % Werte werden bei der Ermittlung mit 2 Stellen hinter dem Komma berücksichtigt! 
  • I bringt insgesamt 250 TEUR ein. 

Die Rechengrößen:

  • Bisherige Höhe des Stammkapitals 40 TEUR
  • Neue Höhe des Stammkapitals noch unbekannt
  • Wert des Stammkapitalanteils von G ist 25 TEUR, was jetzt ungefähr 52,5% entsprechen soll.

Schritte der Berechnung:

  1. Wenn 25 TEUR ungefähr 52,5% des neuen Stammkapitals entsprechen, dann muss das neue Stammkapital ungefähr bei 47.600 EUR (25 TEUR/ 52,5 * 100 = 47.619,04 EUR).
  2. Jetzt kenne ich das neue Kapital von 47.600 EUR. Ich habe direkt auf volle 100 EUR abgerundet. Abzüglich der 25.000 EUR von G verbleiben für I genau 22.600 EUR.
  3. I hatte ja bereits einen Anteil von 15.000 EUR. Die Erhöhung um 7.600 EUR geht voll auf ihn. Die restlichen 242.400 EUR, der 250.000 EUR zahlt er ins Aufgeld ein.

Wir haben damit folgende neue Kapitalisierungsübersicht (capitalization table, kurz auch cap table gennant.)  

  • G Stammlapital 25,0 TEUR (52,5%)
  • I Stammkapital 22,6 TEUR (47,5%)

Beurteilung

Der Step up bietet für das Unternehmen den Vorteil, dass es sich frühzeitig Kapital zu festgelegten Bedingungen frühzeitig sichern kann. Dadurch kann man sich die zeitraubende Kapitalsuche unter Umständen sparen bzw. länger hinaus zögern.

Nachteilig ist natürlich gerade für Startups, dass sie sich sehr frühzeitig an Milestones halten müssen und bei Nichterreichung sehr schnell große Teile des Kapitals verlieren können.  Ich hab in der Praxis kaum ein Unternehmen gesehen, was seine Milestones wirklich erreicht hatte. Dafür ist anfänglich das Umfeld viel zu labil. Auch die Bedingungen, die sich im Vertrag meist recht einfach anhören können jede Menge Zündstoff bergen. Man kann eben im Voraus nicht alles abfangen. Was ist, wenn der berühmte Sack Reis in China umfällt?  

Letztendlich ist der Investor auch an einem vernünftigen Verhältnis interessiert, wo auch der Unternehmer als eigentlich treibende Kraft noch Spaß an der Freud haben sollte.

Ich finde die Idee im Prinzip gut, aber in der Praxis aufgrund der vielen Unwägbarkeiten nur mit äußerster Vorsicht anwendbar.  Mehr dazu auch im Folgebeitrag mit dem Thema: Klauseln im Beteiligungsvertrag – Teil 7 – Justierter Stepup. Dieser erscheint demnächst.

Vorhergehender Beitrag aus der Reihe:

KLAUSELN IM BETEILIGUNGSVERTRAG – TEIL 5 – VERSCHIEBUNG DER ANTEILSQUOTE

 

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